Rennberichte

25.06.2017 Mondsee Radmarathon


Wir schreiben Samstag den 24. Juni 2017. Es ist 19:00 Uhr abends und ich sitze in Fuschl am See im Gastgarten eines netten Restaurants und erfreue mich den letzten Sonnenstrahlen des Tages bei einem erfrischenden Soda-Zitrone. Noch exakt zwölf Stunden bis zum Start der diesjährigen Ausgabe des Mondsee Radmarathons. Ich bezahle, schlendere zurück in die Unterkunft und mache mich und meine Ausrüstung bereit für das Rennen. Elf Stunden und 55 Minuten später fiebere ich in der ersten Reihe eines gut besetzten Teilnehmerfeldes dem Startschuss zur 200er-Runde entgegen – möge das Leiden beginnen.

Zu meiner Überraschung geht es mal nicht vollgas los – bis zum Beginn der Scharflinger Höhe rollen wir gemütlich dahin. Ich nutze die Zeit, um das Feld ein bisschen kennenzulernen. Erfreut sehe ich ein paar bekannte Gesichter von den Rennen in Mörbisch und Lienz. Ich beginne einen kurzen Plausch mit einem Kollegen als es plötzlich ernst wird: mit dem Beginn des Anstiegs vergesse ich Wörter wie „locker“ oder „rollen“. Im tiefroten Watt-Bereich trete ich angestrengt in die Pedale und versuche, den Anschluss an die Spitze nicht zu verlieren. Normalerweise meide ich derartige Belastungsspitzen so früh im Rennen aber ich weiß, dass wir bald den „Gipfel“ erreicht haben. Oben angekommen wird etwas Tempo rausgenommen und wir machen uns auf den Weg Richtung Postalm, wo wieder richtig die Post abgeht. Die ersten paar Kilometer hänge ich mich an die Spitze, um schlussendlich erkennen zu müssen, dass ich das nicht lange durchhalte. Also lasse ich abreißen und kurble in meinem Rhythmus weiter. Gemeinsam mit acht Kollegen erreiche ich das Ende des Anstiegs. Wir atmen alle tief durch, bevor es in eine rasante Abfahrt geht. Unten angekommen formieren wir uns und „kreiseln“ mit einem Höllentempo weiter, angetrieben durch den Zuruf eines Betreuers, wonach die Spitze nur ca. fünf Minuten Vorsprung hat. Die Gruppe harmoniert toll – keiner scheut sich davor, seine Ablösen zu fahren. Auch ich fühle mich gut, das einzige Problem: kein Wasser mehr und bis zur nächsten Labestation ist es noch ein weiter Weg. Ein Gruppenkollege bemerkt mein Dilemma und reicht mir eine volle Trinkflasche. Mich mehrmals bedankend nehme ich die Flasche entgegen und hoffe, dass ich mich in irgendeiner Weise revanchieren kann.

Es geht weiter über den Paß Gschütt Richtung Hallstätter See und Bad Goisern. Die Gruppe hat ihr Tempo gefunden und so spulen wir Kilometer um Kilometer ab…bis Kilometer 130, als wir plötzlich von einer ca. 25 Mann starken Verfolgergruppe eingeholt werden. Ich freue mich, da ein paar helfende Beine mehr bei der Jagd nach der Spitze ganz bestimmt nützlich sein werden. Leider suchte ich diese helfenden Beine vergeblich! Bis auf wenige Ausnahmen war keiner aus dieser Gruppe dazu bereit, sich auch nur in kleinster Weise an der Führungsarbeit zu beteiligen. So sind es die üblichen Verdächtigen, mich eingeschlossen, die versuchen, das Tempo hochzuhalten. Der plötzlich einsetzende Regen, der uns bis ins Ziel begleiten sollte, erschwerte uns die Aufgabe enorm.

Trotzdem kommen wir zügig voran aber ich merke langsam, dass mir die vielen Ablösen einiges an Energie kosten. Wir umrunden den Attersee und bereiten uns auf den letzten Anstieg des Rennes vor. Ich führe die Gruppe in die Steigung, als mich einer nach dem anderen überholt. Ich ärgere mich, weil ich so dumm war, durch meine Führungsarbeit den anderen beim Energiesparen geholfen zu haben. Aber was soll’s. Ich suche meinen Rhythmus und klettere eifrig weiter. Ein Mitstreiter gesellt sich zu mir und ich bemerke: Es ist mein Lebensretter, der mich ein paar Stunden zuvor mit Flüssigkeit versorgte. Auch er ist mit seinen Kräften am Ende und so beschließen wir, das Rennen gemeinsam zu beenden. Gegenseitig motivieren wir uns und holen das letzte Quäntchen Energie aus unseren Zellen. Dann, nach 5 Stunden und 35 Minuten erreichen wir das Ziel…erschöpft, durchnässt und trotzdem glücklich!



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